Geldentwertung der letzten Jahre

Die expansive Geldpolitik der Notenbanken nach der Finanzkrise 2008/2009 hat die Preise nicht steigen lassen. Im Gegenteil: Das von den Notenbanken angestrebte Preissteigerungsziel von + 2 %/Jahr wurde jahrelang nicht erreicht. Die Ziel-Rate für die Preissteigerung wurde von FED-Chef Powell deshalb neu formuliert: Statt + 2 % in jedem einzelnen Jahr sollen es jetzt durchschnittlich + 2 % über einen längeren Zeitraum von mehreren Jahren sein. Da die Ziel-Rate mehrere Jahre unterschritten wurde, darf sie in den nächsten Jahren deutlich überschritten werden. Powell wollte mit dieser „Neuformulierung“ zum Ausdruck bringen, dass er selbst bei einer Preissteigerung von + 3 % oder mehr keine restriktive Geldpolitik betreiben werde, um den Preisauftrieb zu stoppen. Im Gegenteil: Die FED werde die Leitzinsen in den nächsten 3 Jahren bei „Null“ fixieren und gleichzeitig den Ankauf von US-Staatsanleihen (aktuell 80 Mrd. $/Monat) nicht einschränken. Auch Jerome Powell erwartet durch die Auflösung des Nachfragestaus nach Beendigung der Corona-Pandemie kräftige Preissteigerungen, aber die bleiben gemäß Powells jüngsten Aussagen ein temporäres Phänomen in wenigen Quartalen. Wir geben auf diese Einschätzung des FED-Chefs nicht viel bzw. gar nichts, weil Sie sich mit großer Wahrscheinlichkeit als falsch erweisen wird. Aber was sollte ein Notenbanker auch sagen? Er muss zum einen seine Politik rechtfertigen, zum anderen denkt und agiert er immer nur kurzfristig. Notenbanker denken nicht darüber nach, was die Folgen ihrer Politik in zwei, drei oder fünf Jahren sein werden. Insofern ist die Aussage Powells, die Leitzinsen werden auch in drei Jahren noch bei „Null“ sein, ungewöhnlich und zugleich gefährlich, weil die Glaubwürdigkeit der FED leiden könnte. Vergessen Sie außerdem auch die Einschätzungen aus der „Finanz-Industrie“ zum Thema „Inflation“ und „Gold“. Das Hauptgeschäft der „Finanz-Industrie“ ist „Paper-Pushing“; mit physischem Gold, das außerhalb von Bank- und Brokerkonten gehalten wird, kann kein Gebührenertrag generiert werden. Die Analysten und Propagandisten der „Finanz-Industrie“ hassen Goldwie der Teufel das Weihwasser“, und sie werden immer Argumente finden, um Investments in Gold schlechtzureden resp. Phasen zu benennen, in denen Aktien und Bonds eine bessere Performance aufwiesen als Gold. Gute und schlechte Börsenphasen gibt es aber bei jeder Art von „Investment-Vehikel“.

Der gravierende Unterschied dabei ist, dass ein reines „Papier-Portfolio“ mit einer Vielzahl inhärenter Risiken behaftet ist: Inflations-Risiken, Zins-Risiken, Währungs-Risiken, Kredit-Risiken, Politik-Risiken, Bank-Risiken, Konjunktur-Risiken und Kontrahenten-Risiken. Gold kann man, anders als Schulden, nicht „weginflationieren“, anders als Anleihen kann Gold nicht „notleidend“ werden, und anders als Aktiengesellschaften kann Gold nicht „bankrott“ gehen. Anders als jede Währung unterliegt Gold schließlich keinem ständigen Kaufkraftverlust. Die Realität ist deshalb, dass Gold seine Kaufkraft in den letzten 5.000 Jahren immer erhalten konnte, während alle Währungen massiv an Kaufkraft verloren haben. Auch wenn die Entwicklung von Goldpreis und Kaufkraftverlust nie linear verläuft, so ist das Ergebnis bei langfristiger Betrachtung immer dasselbe. Sehen Sie selbst: Seit 1971 haben die wichtigsten Währungen bis zu 99 % an Kaufkraft verloren:

Goldpreis 1971Goldpreis aktuellKaufkraftverlust
US-$35 $1.744 $98 %
£15 £1.272 £99 %
DM/€65 €1.465 €96 %
C$35 C$2.185 C$98 %

Selbst seit dem Jahr 2000 ist der Kaufkraftverlust bei den wichtigsten Währungen enorm:

Goldpreis 2000Goldpreis aktuellKaufkraftverlust
US-$288 $1.744 $83 %
£177 £1.272 £86 %
DM/€286 €1.465 €80 %
C$417 C$2.185 C$81 %

Wie man sieht, hat die ehemalige Weltleitwährung Britisches Pfund in nur 20 Jahren 86 % an Kaufkraft verloren. Bei typischen Schwachwährungen ist der Kaufkraftverlust noch viel dramatischer. In Argentinischen Pesos gerechnet ist der Goldpreis von 288 im Jahr 2000 auf aktuell 161.036 gestiegen, was einem Kaufkraftverlust von 99,82 % entspricht. In Europa sorgte die ultralockere Geldpolitik der türkischen Notenbank in nur 3 Jahren für einen kapitalen Kaufkraftverlust der Türkischen Lira. Der Goldpreis stieg seit dem 9. April 2018 von 5.380 Türkischen Lira pro Unze auf aktuell 14.205 Türkische Lira, was einem Kaufkraftverlust von 62,1 % entspricht. Das Beispiel zeigt auch, dass es bei der Berechnung des Kaufkraftverlustes besser ist, sich am Goldpreis in der jeweiligen Landeswährung zu orientieren. Würde man sich nur an der Leitwährung US-$ orientieren, wäre die Berechnung des realen Kaufkraftverlustes verfälscht, da der US-$ selbst massiv an Kaufkraftverlust leidet. In den nächsten Jahren wird sich der massive Kaufkraftverlust selbst der wichtigsten Währungen wie US-$ und €uro noch beschleunigen. Wie Milton Friedman zurecht feststellte, ist „Inflation“ immer und überall ein monetäres Phänomen, wenn nämlich die Geldmenge schneller wächst als die Wirtschaft. Betrachten wir nun das Wachstum der Geldmenge M3 in den USA und im €uro-Raum seit dem Jahr 2000 (jeweils im Anfang Januar):

USA€uro-Raum
20004.667 Mrd. $4.723 Mrd. €
20108.459 Mrd. $9.326 Mrd. €
202015.416 Mrd. $13.006 Mrd. €
202119.394 Mrd. $14.548 Mrd. €

Wie man sieht, stieg die US-Geldmenge M3 allein in den letzten 12 Monaten so stark, wie in den 10 Jahren von 2000 bis 2010. Man muss kein Prophet sein, um zu wissen, dass ein Anstieg der Geldmenge M3 um + 25,8 % in nur 12 Monaten bei gleichzeitig negativem Wirtschaftswachstum in 2020 einen inflationären Impuls bewirken wird. Im €uro-Raum ist die Entwicklung vergleichbar, wenn auch etwas weniger dramatisch. Wenn man sich bei „Kaufkraftverlust“ resp. „Inflation“ an der Entwicklung des Goldpreises orientiert, dann geht es definitionsgemäß um die „Asset Price Inflation“. Der Anstieg der „Vermögenspreise“ ist aber tendenziell gefährlicher, weil er zur Verarmung weiter Bevölkerungskreise führt. Denken Sie an den Anstieg der Immobilienpreise und dem damit verbundenen Anstieg der Mieten. Wer extrem hohe Mieten bezahlen muss, der hat kaum eine Chance eigenes Vermögen aufzubauen. Ein nachhaltiger Vermögensaufbau und Vermögenserhalt funktioniert „per se“ aber nur mit Sachvermögen, wie man an den Geldentwertungsprozessen in den letzten Jahrzehnten gesehen hat. Wer sein Vermögen über Generationen erhalten will, der legt bekanntlich keinen Wurstvorrat an, sondern der kauft Gold, Immobilien oder Aktien. Der Anstieg der Preise für Konsumgüter ist für Durchschnittshaushalte weniger schädlich, da dieser in der Regel durch Lohnsteigerungen kompensiert wird. Beachten Sie aber, dass jeder „Asset Price Inflation“ mit einer gewissen Zeitverzögerung eine „Consumer Price Inflation“ folgt, und zwar so sicher wie das „Amen“ in der Kirche. Das Problem ist derzeit nur, dass sich Ökonomen, Analysten, Politiker und Anleger derzeit einen starken Anstieg der Konsumgüterpreise von vielleicht 5 % oder sogar 10 % pro Jahr (und das längerfristig) einfach nicht vorstellen können. Als wir es Ende der 70er Anfang der 80er Jahre mit einer ausufernden „Lohn-Preis-Spirale“ zu tun hatten, konnte auch niemand glauben, dass sich die Preissteigerungsraten und die Zinsen jemals wieder zurückbilden werden. Viele Anleger glaubten damals an eine Neuauflage der Hyperinflation vergangener Tage. Wer an eine Rückkehr zur „Normalität“ glaubte, der konnte damals traumhafte Investionen tätigen. So konnte man zum Beispiel Nullkoupon-Anleihen erwerben, die einem jährliche Renditen von 25 % garantierten. Wer solche Papiere für 4 $ oder 5 $ erwarb, der erhielt bei Fälligkeit der Anleihe volle 100 $ zurück. Heute ist die Situation durchaus vergleichbar. Wir stehen vor einer dramatischen „Gezeitenwende“, aber kaum jemand glaubt an die Rückkehr von „Inflation“ resp. an die Rückkehr einer „Zinsnormalität“. Das Schöne ist: Wer heute die Zeichen der Zeit erkennt, für den bieten sich erneut gewaltige Spekulationschancen.