Niemand wird ernsthaft widersprechen, wenn wir pauschal behaupten, dass ein „Inflationsszenario“ für Sachwerte wie Immobilien, Edelmetalle und Aktien eher günstig, und für Anleihen, Bargeld, Bankguthaben und Lebensversicherungen eher ungünstig ist. Wir möchten es bei dieser pauschalen Aussage aber nicht bewenden lassen, denn „die Tücke steckt bekanntlich im Detail“. Ein Blick auf die Historie macht deshalb Sinn. Was ist z.B. aus unterschiedlichen Geldanlagen im Zeitraum zwischen 1913 und 1923 geworden:
Aktien: Der Aktienhandel war während der Kriegszeit für private Investoren eingeschränkt. Am 30. Juli 1914 mussten in Deutschland die Börsen schließen, um Panikverkäufe zu verhindern, und erst am 2. Januar 1918 wurde der Handel wiederaufgenommen. Zu verdienen gab es mit Aktien allerdings nichts, da die Preise schneller stiegen als die Aktienkurse. Von Dezember 1913 bis Dezember 1920 stieg der vom Statistischen Reichsamt berechnete Aktienindex ausgehend von einem Basiswert von 100 auf 274. Der ebenfalls vom Statistischen Reichsamt berechnete Lebenshaltungskostenindex stieg im gleichen Zeitraum von einem Basiswert von 100 auf 1.158. Da die Lebenshaltungskosten um das 11,5-fache gestiegen waren, blieb von dem Aktien-Kursgewinn von + 174 % real kaum etwas übrig. Als die heiße Phase der Hyperinflation begann, wurde es etwas besser. Der Aktienindex stieg zwar bis Dezember 1923 auf 26,9 Billionen, der Lebenshaltungskostenindex legte im gleichen Zeitraum aber auf 124,7 Billionen zu. Inflationsbereinigt haben Anleger mit Aktien demnach 78, 4 % verloren. Mit z.B. in US-Dollar notierten Auslandsaktien hätten Anleger ihr Vermögen theoretisch retten können. Praktisch wurden mit Verordnung vom 22. März 1917 ausländische Papiere zwangsweise eingezogen und die Besitzer mit Papiermark „entschädigt“. Da die Papiermark durch die Hyperinflation restlos entwertet wurde, brachte der Besitz von Auslandsaktien letztlich einen Totalverlust.
Anleihen: Mit einem Totalverlust endete auch der Besitz von verzinslichen Wertpapieren. Staatliche Kriegsanleihen wurden 1923 entwertet und Hyperinflation + Währungsreform sorgten dafür, dass angespartes Vermögen vollkommen ausradiert wurde.
Immobilien: Die Hyperinflation ließ die Hausbesitzer temporär wie die großen Gewinner aussehen. Der Realwert der Immobilienkredite wurde fast ausradiert, während die Häuser ihren Wert behielten. Mit der „Hauszinssteuer“ auf vor dem 1. Juli 1918 erworbene Häuser schöpften die deutschen Länder ab 1924 das durch die Inflation entschuldete Immobilienvermögen wieder ab. Die „Immobilien-Gewinnler“ sollten sich am öffentlich geförderten Wohnungsbau beteiligen und „durften“ bis zu 51 % ihrer Mieteinnahmen abliefern. Die Zwangsabgabe hatte für den Häusermarkt verheerende Folgen. Die Hauspreise stürzten ab, weil viele Hausbesitzer die Lasten nicht mehr tragen konnten und ihre Immobilie verkaufen mussten. Der Absturz der Immobilienpreise um rd. 50 % war nicht das einzige Ärgernis. Die „Hauszinssteuer“ musste noch 2 Jahrzehnte lang bezahlt werden, bis sie zum 1. Januar 1943 abgeschafft wurde. Die Abschaffung ließ sich der Staat mit einer „Ablösesumme“ in Höhe der 10-fachen jährlichen Steuerlast honorieren. Fazit: Auch der Besitz von Immobilien brachte herbe Verluste, aber zumindest konnten Hausbesitzer einen Teil ihres Vermögens retten.
Gold: Mit Gold konnte während der Hyperinflation zwar kein realer Gewinn erzielt werden, aber es behielt wie keine andere Anlageklasse seinen Wert. Mit Goldbarren und Goldmünzen (auch mit goldgedeckten US-Dollar) konnten Anleger die Kaufkraft ihres Vermögens voll erhalten. Zwar war die Fungibilität von Gold wegen des zwischen 1923 und 1931 bestehenden Verbots von privatem Goldbesitz eingeschränkt, aber im Vergleich mit allen anderen Anlageklassen bot Gold den besten Schutz vor Kaufkraftverlusten.